Der jahrelange Kampf der ecuadorianischen BananenarbeiterInnen und der Unterstützung von NGO´s, wie Oxfam, Südwind, etc. sowie die von zahllosen AktivistInnen, hat in Ecuador zu einem historischen Erfolg im Gewerkschaftsrecht geführt.
ASTAC ist von der ecuadorianischen Regierung endlich als offizielle Branchengewerkschaft für den Bananensektor anerkannt worden!
Um sich der Bedeutung dieser Nachricht bewusst zu werden, sollte man sich Folgendes in Erinnerung rufen:
In Ecuador werden BananenarbeiterInnen ausgebeutet, unterbezahlt, haben oft keine Arbeitsverträge, geschweige denn Kündigungsschutz, werden direkt giftigen Pestiziden ausgesetzt, was Krankheit, Fehlgeburten und Behinderungen zur Folge hat – und so weiter.
Bisher gab es dort de facto quasi keine Gewerkschaft, die sich für die Rechte der ArbeiterInnen einsetzt.
In Ecuador kannte man bis dato keine Dachgewerkschaften, wie bei uns z.B. Verdi oder IG Metall. Gewerkschaftsrecht war in Ecuador lediglich auf Betriebsebene vorgesehen, d.h., es war gesetzlich zugelassen, dass ArbeiterInnen in Betrieben, ab einer bestimmten Größe, eine Betriebsgewerkschaft, bzw. einen Betriebsrat gründen durften. Diejenigen ArbeiterInnen, die solche Bestrebungen hatten, wurden bzw. werden noch in aller Regel aus fadenscheinigen Gründen entlassen und landen auf schwarzen Listen, die sich die Bananenproduktionsbetriebe fröhlich untereinander austauschen. Somit ist klar, dass die betreffenden ArbeiterInnen wohl kaum noch eine Chance haben, jemals wieder im Bananensektor Arbeit zu finden.
Auf meinen Reisen mit Oxfam nach Ecuador in Funktion als Oxfam-Kampagnen Botschafter für die Kampagne #MakeFruitFair, bzw. #FairnessEintueten, lernte ich Jorge Acosta kennen.
Jorge war vor ungefähr 15 Jahren noch Pilot von Pestizid-Fliegern. Man versicherte ihm, dass die Mittel, die er auf die Bananenplantagen versprühte, völlig unbedenklich und ungiftig seien. Das glaubte er, bis er selbst erkrankte.
Daraufhin gründete er die Gewerkschaft ASTAC, die natürlich nicht offiziell anerkannt war.
Hier meldeten sich viele ArbeiterInnen, unter ihnen auch Leute, die beim Versuch, eine Betriebsgewerkschaft zu gründen, entlassen wurden. Ein Arbeiter berichtete mir, dass er sogar Morddrohungen von seinem ehemaligen Chef erhalten habe.
ASTAC kämpfte seither mit seinen mittlerweile ca. 3000 Mitgliedern (als ich ASTAC 2016 kennenlernte, waren es etwa 800) für die offizielle Anerkennung als Dach-, bzw. Branchengewerkschaft durch die Regierung.
Bei meiner ersten Ecuadorreise 2016 mit Oxfam, haben wir uns, in teils konspirativen Treffen mit BananenarbeiterInnen und besuchen auf Plantagen, ein Bild der Lager der Landarbeiterinnen machen können. Dass sie schlecht bezahlt sind ist das eine. Teilweise so schlecht, dass – wie uns ein Arbeiter einer Rainforrest Alliance zertifizierten Plantage (!), der mit weiteren ArbeiterInnen auf der Plantage in einer Baracke mit Doppelgeschossbetten hauste, berichtete – er sich höchsten zwei bis drei Mal im Jahr den Bus leisten könne, um seine 200 km entfernt wohnende Familie zu besuchen.
Wir haben eine Schule, gelegen inmitten von konventionellen Bananenplantagen besucht. Fast alle dort unterrichteten Kinder – Kinder, deren Eltern auf Bananenfeldern arbeiten – sind teils schwer behindert. Das sind ganz offensichtlich Folgen des direkten Kontaktes, den ihre Eltern mit den Pestiziden haben, die auf dem Feld ausgetragen werden, während dort gearbeitet wird (obwohl es Vorschrift ist, dass die Plantage erst wieder 24 Stunden nach einer Pestizidbesprühung betreten werden darf).
Aber auch die Kinder selber kommen, so der Wind ungünstig steht, in der Schule in direkten Kontakt mit den Giften. Diese Zustände, die wir in dieser Schule erlebt haben, sind absolut kein Einzelfall, sondern eher die Regel!
Hier ein kleiner Film dieser Reise dazu.
Wieder in Deutschland angekommen, fragte ich mich, was ich tun könnte, um ASTAC und die BananenarbeiterInnen zu unterstützen. Ich, bzw. mein Sohn, der so etwas gut kann, entwarf ein Soli-Shirt-Motiv mit dem ASTAC-Logo und dem Schriftzug „Solidarität den Landarbeitern“. Dieses Shirt gibt es seither über meinen Onlineshop zu erwerben. Den Gewinn hieraus spende ich, via Oxfam, an ASTAC, was aber nicht die Hauptmotivation für mich dafür war, sondern das Sichtbarmachen, die Aufmerksamkeit gerade hierzulande, auf die prekären Verhältnisse bei der Bananenproduktion. Dazu soll mir jede:r, die/der ein ASTAC-Solishirt kauft, ein Foto mit sich und dem Shirt zur Verfügung stellen, das ich auf der Facebookseite SolidaritaetDenLandarbeiter:Innen veröffentliche.
Durch meinen Job habe ich auch reichlich Kontakte zu Bands, MusikerInnen und anderen Promis, von denen ich denjenigen, die ich traf, für ein Foto, ein T-Shirt in die Hand drückte.
ASTAC fand die Aktion, glaube ich, toll. T-Shirts nach Ecuador zu verschicken, ist aus zollrechtlichen Gründen sehr schwierig. Daher hat ASTAC hat das Soli-Shirt-Motiv genommen und für die ArbeiterInnen selbst Shirts bedrücken lassen.
Ein Jahr später sind wir wieder nach Ecuador gereist. Anlass war ein Treffen, ein Forum, der ArbeitsrechtlerInnen aus Ecuador und anderen Bananenproduzierenden Ländern, vornehmlich Nachbarländern, wie Kolumbien, mit Unterstützung von NGOs wie Oxfam, Südwind, FOS, … . Dieses Treffen wurde zum selben Zeitpunkt terminiert, wie die jährlich in Guayaquil stattfindende Tagung der Vereinigung der Bananenexporteure Ecuadors.
Auf dem Forum haben viele Workshops, Vorträge, Erfahrungsaustausch und so weiter, stattgefunden.
Gleich zu Beginn der Veranstaltung durfte ich meine Soli-Shirt-Aktion vorstellen und die Galerie der SupporterInnen, unter ihnen z.B. auch Jan Delay, ZSK, Stefan Marquard, Afrob u.s.w. zeigen. Klar, in Ecuador kennt man unsere Promis nicht, aber ich habe es ihnen ja erzählt J. Ich fand es total bemerkenswert, wie meine Präsentation von ArbeiterInnen und ForumsteilnehmerInnen aufgenommen wurde. Ich hatte das Gefühl, dass Ihnen, das Bewusstsein, dass sich da Leute im reichen Westen – den Endabnehmer-Staaten – für sie einsetzen und Solidarität bekunden, wirklich Mut und Kraft gegeben hat.
Als letzte Aktion des Forums, haben etliche ArbeiterInnen, GewerkschafterInnen und NGO-Delegierte, teils gekleidet mit dem Soli-Shirt und großen Transparenten bewaffnet auf gemacht zum Hilton-Guayaquil, in dem, die Tagung der Bananenexporteure stattfand.
Unbehelligt und ohne Widerstand der Hotelangestellten, sind wir mit dem Fahrstuhl in den ersten Stock gefahren, haben uns umgesehen und die dort messemäßig aufgebauten Infotafeln gelesen, bevor wir in einen Konferenzraum betraten. Ein paar ASTACies im Bananenkostüm haben ASTAC-Flyer an die den Podiumsgesprächen lauschenden ZuschauerInnen verteilt. Das fiel ja nicht weiter auf, auf einer Tagung der Bananengurus J. Währenddessen breitete Jorge mit einigen GenossInnen die Transparente mit Forderungen nach Verbesserung der Situation für BananenarbeiterInnnen aus, woraufhin uns der Chef der Vereinigung der Bananenexporteure eigenhändig aus dem Konferenzsaal rauswarf, wo uns zwei, im schwarzen Anzug gekleidete Securities empfingen und uns des Hotels verwiesen.
Funfact am Rande, der besagte Chef der Vereinigung der ecuadorianischen Bananenexporteure ist der Vater des zu dieser Zeit amtierenden Arbeitsmisters von Ecuador! Ein Schelm, der Böses dabei denkt … .
Ich habe diesen Vorfall übrigens mit meinem Handtelefon gefilmt und auf Facebook online gestellt. Wer will kann es sich hier ansehen.
Vor über acht Monaten kam es in Ecuador zu einem bahnbrechenden Gerichtsurteil.
Eine Richterin entschied, die ecuadorianische Regierung habe ASTAC als Branchengewerkschaft offiziell anzuerkennen und sich öffentlich dafür zu entschuldigen, dass dies bis jetzt nicht geschehen ist.
Die Regierung hat sich bis vor kurzem geweigert, dies umzusetzen, sodass die Richterin mit einem Amtsenthebungsverfahren gegen den amtierenden Arbeitsminister gedroht hat. Das hat den wohl erstmal beeindruckt, dass er Folge leistete.
Das bedeutet, das ASTAC nun offiziell die Interessen von über 200.000 LandarbeiterInnen vertritt! Wenn das keine großer Schritt nach vorne ist!
Für ASTAC fängt die Arbeit jetzt erst an und auch für NGOs ,Oxfam und AktivistInnen. Schließlich muss von unserer Wirtschaft und Politik weiter ein verantwortungsvoller und menschenrechtskonformer Umgang mit der Markmacht und entsprechenden Gesetzgebungen (wie z.B. das noch sehr schwache Lieferkettengesetzt) gefordert und erkämpft werden.
Zudem muss auch mit einem Rückschlag gerechnet werden. Denn im Hintergrund gibt es Seitens der Unternehmen und Regierungskreisen Bestrebungen, gegen dieses Urteil vorzugehen.
Aber in Oxfam, den NGOs und ihren AktivistInnen ASTAC haben alle LandarbeiterInnen auf alle Fälle starke UnterstützerInnen, die sich für einen fairen Handel und die Achtung der Menschenrechte entlang der gesamten Lieferkette und überhaupt einsetzen!
Bleibt gesund, stabil und solidarisch
Euer Ole